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Presse-Reaktionen |
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Anderen Frauen fehlt
der Mut zu diesem Schritt. Katrin, 35: Stefan und ich sind
seit einem Jahr zusammen, und gerade am Anfang hatten wir eine Menge
Spaß, auch im Bett. Wenn ich ehrlich bin, schäme ich
mich aber ein bisschen für ihn ich als Projektleiterin,
er als Schuhverkäufer, das passt eigentlich nicht zusammen.
Dafür gibt er mir eine Menge Streicheleinheiten, körperlich
und seelisch. Und es ist eben nicht mehr so wie mit 20, als ich
nur samstagabends ausgehen musste, um den nächsten Typen kennen
zu lernen. Ihre Strategie ist weit verbreitet, vor allem,
wenn die biologische Uhr mahnend tickt: Warmhalten und nebenbei
die Augen aufhalten, ob nicht noch ein vielversprechenderer Kandidat
auftaucht. Wenn der auch nicht hält, was er verspricht, geht
das Doppel-Spiel von vorn los.
Das hat natürlich
einen praktischen Nachteil: Wer einen Klotz namens Stefan am Bein
mit auf die Piste schleppt, wird damit kaum den perfekten Mann kennen
lernen. Auch Psychologe Hemschemeier hält wenig vom Beziehungs-Hopping
mit Netz und doppeltem Boden nicht nur, weil dabei einer
den anderen als emotionales Heizkissen missbraucht: Menschen,
die sich so verhalten, haben vor allem Angst vor dem Alleinsein.
Das ist aber nicht gut für die eigene Entwicklung. Die Partner
wechseln, das Abhängigkeitsgefühl bleibt. Denn wer sich
von Beziehung zu Beziehung hangelt, lernt nie, mit sich selbst glücklich
zu sein. Also passt er sich in jedem neuen Verhältnis an wie
ein Chamäleon. Die Folge: Harmoniesucht statt.
Auseinandersetzung
und schon ist die nächste laue Liaison vorprogrammiert.
Denn para-doxerweise droht lähmende Langeweile nicht den Paaren,
die sich regelmäßig fetzen, sondern solchen, die ängstlich
auf Kuschel-Kurs verharren. Er würde gern für drei Monate
ins Ausland gehen? Sie möchte häufiger zu Live-Konzerten,
während es ihm in Clubs zu laut ist? Bloß nicht daran
rühren im Streit müsste man seine Zweckbeziehung
ja auf den Prüfstand stellen. Die Folge: Wenn man alles
ausblendet, was die Harmonie stören könnte, fehlt früher
oder später die Spannung auch die erotische.
Was heißt das
nun für die Annes, Janas und Katrins dieser Welt? Geduldig
auf den Traummann warten und keinen Kompromiss mehr eingehen? Nein,
glaubt Hemschemeier: Nicht jede Beziehung, die lauwarm beginnt,
ist zum Scheitern verurteilt. Wer nicht blind vor Leidenschaft ist,
kann mit einem wachen Blick gemeinsame Interessen und Eigenschaften
ausloten. Das kann auf die Dauer sehr tragfähig sein.
Ein Beispiel ist Michaela, 33. Auch sie startete in der Lau-Zone:
Als ich vor fünf Jahren mit Andreas zusammen kam, haben
mir meine Freundinnen höchstens drei Monate gegeben. Ich war
anfangs eher geschmeichelt als verliebt, weil Andreas so altmodisch
für mich schwärmte. Fast jeden Tag brachte er Blumen mit.
Er konnte toll erzählen, und wir interessierten uns für
die selben Dinge. Außerdem merkte ich bald, dass ich mich
auf ihn verlassen konnte er fing mich rührend auf, als
kurz nach unserem Kennenlernen mein Vater starb.
Wenn er nichts weiter
gewesen wäre als ein lieber Kerl, hätten Michaelas Freundinnen
Recht behalten. Aber bald zeigte er sich auch von einer anderen
Seite: Andreas ist der sturste Mensch, den ich kenne. Er hat
mir nie das Gefühl gegeben, dass ich ihm auf der Nase herumtanzen
kann. Durch die Auseinandersetzungen bekam ich plötzlich auch
Lust, mit ihm zu schlafen. Wir sind sehr verschieden: Ich eher abenteuerlustig,
er sicherheitsbedürftig. Wir hatten harte Kämpfe, sind
dabei aber lernfähiger und selbstkritischer geworden, letztlich
hat uns das verbunden. Letztes Jahr kam die größte Bewährungsprobe:
Ich hatte eine leidenschaftliche Affäre. Und habe mich dann
für Andreas entschieden. Er hat mir verziehen. An diesem
Tag hat sie ihm die Blumen mitgebracht. Verena Carl
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"Petra" September 2001 - Artikel
"Liebe in der Wartestellung"im Volltext
Immer mehr Frauen
überbrücken das Warten auf den Märchenprinz mit lauen
Zweckbeziehungen. Bequeme Kompromisse statt echter Gefühle
kann man so sein Glück finden?
Er ist das, was man
einen netten Kerl nennt. Einer, der ihr sonntags die Frühstücksbrötchen
holt und danach hingebungsvoll ihr Fahrrad repariert. Der sogar
mit ins Kino kommt, wenn ein echter Hollywood-Heuler läuft,
und sie an sentimentalen Stellen mit Taschentüchern versorgt.
Manchmal wacht sie nachts auf, schaut ihn an, wie er da mit seinem
schlechten Atem ins Kopfkissen schnarcht, und dabei fällt ihr
auf, dass sie seit Wochen keinen Sex mehr hatten und seit drei Tagen
hauptsächlich übers Fernsehprogramm geredet haben. Doch
statt die Koffer zu packen oder zumindest eine Krisensitzung einzuberufen,
dreht sie sich nochmal um und schläft weiter. Na gut, er war
noch nie der Typ, der ihr schlaflose Nächte bereitet hat vor
Lust oder Sehnsucht. Aber Schluss machen warum denn?
In den 50er Jahren
bezeichnete man Beziehungen dieser Art spöttisch als Bratkartoffelverhältnis.
Ewige Junggesellen suchten sich irgendwann eine Kittelschürzenträgerin,
die ihnen warme Mahlzeiten kochte und gelegentlich mit ihnen unter
die Daunendecke kroch. Die Zeiten haben sich geändert: Heute
sind es auch Frauen, die sich zumindest phasenweise
mit lauen Zweckbeziehungen zufrieden geben. Nicht die große
Liebe, aber dafür warme Füße. Heute lautet der Deal
nicht mehr Bratkartoffeln gegen Wohnrecht heute
wollen Frauen Streicheleinheiten für ihr Ego, dafür dürfen
sich Männer vorübergehend mit ihnen schmücken. Ein
Beispiel ist Anne, 27: Heiko ist nicht mein Traumtyp, aber
dafür gibt er mir alle Freiheit der Welt: Ich habe den Schlüssel
für seine Altbauwohnung, kann mich aber jederzeit in mein Apartment
zurückziehen. Er ist für mich da, wenn ich ihn brauche,
er ist mir aber auch nicht böse, wenn ich ohne ihn ausgehe
oder in Urlaub fahre. Noch dazu ist er enorm großzügig
und ganz wild darauf, mich allen seinen Freunden vorzustellen. Klingt
perfekt nur, dass ich immer seltener Lust habe, mit ihm zu
schlafen. Obwohl ich ihn eigentlich ganz attraktiv finde.
Kein Wunder, denn Sex
ist das Lebenszeichen der Liebe: Ist emotional der Ofen aus, köchelt
auch die Lust auf Sparflamme. Frust im Gespräch und Frust
im Bett gehen fast immer Hand in Hand, weiß der renommierte
Hamburger Paartherapeut Christian Hemschemeier (www.eheberatung.info).
Der Kitt, der Vernunft-Paare wie Anne und Heiko zusammenhält,
besteht aus Bequemlichkeit, Ängstlichkeit und Mitleid. Nicht
nur materielle Trägheit hält Beziehungen künstlich
am Leben wer will schon eine gemeinsame Penthouse-Wohnung
in Schwabing oder Prenzlberg aufgeben, wenn darin nicht gerade der
Rosenkrieg tobt? , sondern auch die Angst vor einem neuen
emotionalen Risiko: Warum sollte man sich wieder ins Single-Jammertal
voll ausbleibender Anrufe, sexueller Peinlichkeiten und beziehungsgestörter
Großstadtneurotiker wagen? Schließlich gibt es keine
Garantie, dass beim nächsten Mann alles anders wird. Und auch
Schuldgefühle können verbinden: Heiko ist so rührend
zu mir, sagt Anne, ich kann ihn doch nicht einfach fallen
lassen!
Das Liebesleben paarungsbereiter
Menschen über 20 ist ein Balanceakt zwischen Romantik und Realismus.
Hemschemeier: Egal, ob im im Kino, in der Werbung oder in
den Medien: Unsere Umwelt suggeriert uns ein Idealbild von Liebe,
bei der alles stimmt: harmonische Gespräche, toller Sex, viel
Geld. In einer wirklichen Beziehung ist die Decke immer zu kurz.
Wer das ein paar Mal erlebt hat, entscheidet sich irgendwann für
emotionale Tiefstapelei und wird meistens auch nicht glücklich.
Jana, 28: Lange Zeit habe ich mich von Liebeskummer zu Liebeskummer
gehangelt. Ich konnte zwar mit jedem Mann schlafen, den ich wollte
aber meine Gefühle wurden nie so recht erwidert. Also
habe ich schließlich den Annäherungsversuchen meines
Kollegen nachgegeben. Der war schon lange in mich verliebt, und
ich dachte mir, was soll's, der ist nett und tut mir nicht weh.
Aber dann kam mir alles so falsch vor: seine anhimmelnden Blicke,
seine Liebeserklärungen. Ich fing an, an ihm herumzusticheln,
störte mich an seinem Musikgeschmack und seiner Turnschuhmarke.
Ich benahm mich plötzlich genau so wie die Männer, die
mir wehgetan hatten. Gebetsmühlenartig habe ich mir immer wieder
vorgehalten, was ich eigentlich an ihm schätzen müsste.
Es half nichts: Mein Herz spielte nicht mit. Nach ein paar
Monaten im Fahrwasser seiner Gefühle verließ sie ihn.
Jetzt muss ich wenigstens meine Energie nicht mehr darauf
verschwenden, mir einzureden, wie toll er ist.
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© 2001-2016, Dipl.-Psych. C. Hemschemeier, Psychologische Praxis
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